„Ich will aufhören mit dem Sport“, vor Kurzem ging das Kind noch mit viel Freude ins Sporttraining und nun will es plötzlich aufhören. Ist das nun ein Satz aus einer schlechten Laune heraus oder meint es das Kind wirklich ernst? Auf jeden Fall ist es ein Hilfeschrei, der in der Familie diskutiert werden muss.
Nicht immer ist es für Sporteltern einfach herauszufinden (siehe Blogtext Identitätsfindung) ob diese Aussage nun schlicht und einfach einem impulsiven Moment von Wut, Enttäuschung oder Trotz des Kindes/Jugendlichen entspringt oder ob hier wirklich das Bedürfnis besteht, mit einer Sportart abzuschliessen. Vielfach sind es Zeiten des Umbruchs, wie zum Beispiel ein Wechsel der Schulstufe, der Eintritt in die Pubertät oder die konkrete Auseinandersetzung mit der Berufswahl, in denen sich junge Sportler*innen besonders intensiv mit der Sinn- und Zweckhaftigkeit des weiteren Sporttreibens auseinandersetzen und vielleicht zum Schluss kommen, aus dem Sport auszusteigen. Nicht immer gelingt diese Entscheidungsfindung auf Anhieb. Phasen der Motivation wechseln sich ab mit Phasen der Verunsicherung. Auch bei ungewöhnlich lang anhaltenden körperlichen Beschwerden eines Sportkindes, wie zum Beispiel therapieresistenten Schmerzen des Bewegungsapparates, Übelkeit, Kopfweh oder chronischer Müdigkeit, für die keine anderweitige organische Ursache gefunden werden kann, sollten Eltern immer an die Option einer eventuell auch unbewussten Auseinandersetzung des/der jungen Sportler*in mit dem Aufhören denken. Nur allzu oft habe ich solche Verhaltensweisen in meiner sportmedizinischen Praxis schon erlebt. Die Kinder sind dabei überfordert, den Eltern zu sagen, dass sie ans Aufhören denken. Sie fühlen sich schuldig und verpflichtet weiterzumachen. Anstelle der Konfrontation, treten „körperliche“ Beschwerden auf, welche das Sporttreiben verunmöglichen und so dem Kind Möglichkeit und Raum geben, dem Sport fernzubleiben ohne dabei die Diskussion des Ausstiegs aus anderen Motiven diskutieren zu müssen. Dabei verspüren manche Kinder Angst die Wahrheit zu sagen, um die Eltern nicht zu enttäuschen, haben diese doch oft viel Zeit und auch Geld in den Sport der Kinder investiert. Daher ist es wichtig als Sporteltern die Kinder von Zeit zu Zeit in einem ruhigen Moment darauf ansprechen, ob die Freude am Sport immer noch da ist. Nur wenn die Türe zum Ausstieg immer einen Spalt offen bleibt, kann ein Kind Selbstbestimmung erfahren und die Sportart eigenmotiviert freudvoll weiter ausüben. Gerade bei erfolgreichen und in einer Sportart „talentierten“ Kindern ist es anspruchsvoll. Da schwingt das ganze Umfeld mit und kann es gar nicht nachvollziehen, wenn ein Kind nicht mehr will. Doch Erfolg und Talent reichen nicht aus, wenn die Passion und Liebe zur Sportart innerlich verblassen.
Ist der Ausstieg aus dem Sport schlussendlich geschehen, fallen viele über eine gewisse Zeit gefühlsmässig in ein Loch. Dies ist wie bei jeder Veränderung im Leben normal. Man muss sich an die neue Situation als Sportler*in und Familie erst einmal gewöhnen. Plötzlich ist da unendlich viel mehr Freizeit, welche es nun gilt, selber zu gestalten. Auch der Familienalltag verändert sich, wenn Fahrdienste und Wettkampfbegleitungen als auch gemeinsame Familienzeit dadurch plötzlich wegfallen. In dieser Phase sollte man allen Beteiligten den nötigen Raum und Zeit geben, sich an diese neue Lebenssituation zu gewöhnen und andere freudvolle Tätigkeiten zu finden.
Eltern die optimistisch in die Zukunft blicken und dem Sportkind einen selbstbestimmten und stimmigen Abschied vom Sport ermöglichen, ebnen den wichtigen Weg dazu, dass das Kind die Sporterinnerung als positive Erfahrung in seinen weiteren Lebensweg integrieren kann.
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